Erlass einer Satzung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum

Die Frage, ob wir eine Zweckentfremdungssatzung überhaupt wollen, stellt sich heute nicht. Diese Frage haben wir bereits im Dezember 2021 beantwortet. Deshalb bin ich doch sehr verwundert, über die Art und Weise der Diskussion in den vergangenen Wochen. Denn es muss uns allen doch klar sein: Als Stadt haben wir die Verantwortung, alle erdenklichen Maßnahmen zu ergreifen, um insbesondere den Leerstand, aber auch andere Zweckentfremdungen von Wohnraum zu reduzieren und sicherzustellen, dass dieser Wohnraum der Gemeinschaft zugutekommt.

Ein Baustein hierfür – keinesfalls das Allheilmittel, das behauptet niemand – ist die Einführung einer Zweckentfremdungsverbotssatzung. Oder, wie ich es gerne nennen würde: Eine Wohnraum-Schutz- Satzung. Denn genau dieser gesetzliche Spielraum wurde bislang nur den Kommunen mit Wohnraummangellage gegeben, um begrenzten Wohnraum möglichst effektiv zu schützen.

Und ich freue mich, dass der Landtagsabgeordnete der CDU hier im Wahlkreis Esslingen es genauso sieht. Andreas Deuschle, in einem DGB-Interview zur Landtagswahl 2021 auf die Frage, ob eine Zweckentfremdungssatzung ein gutes Instrument sei: Ich zitiere „Als CDU haben wir in dieser Legislaturperiode dafür gesorgt, dass Städte noch effektiver gegen Zweckentfremdung von Wohnraumvorgehen können. Ich begrüße das ausdrücklich.“ Zitat Ende.

Freiburg, Tübingen, Konstanz, Stuttgart …, um nur einige Beispiele zu nennen, nutzen dieses Instrument. Die allermeisten Kommunen haben zudem die Geltungsdauer ihrer Satzungen – die ja immer befristet ist – bereits verlängert. Wir hatten es davon im Sozialausschuss.

Und übrigens: Bei uns in Esslingen sind nicht die Ferien- oder Monteurswohnungen das vordringliche Problem. In erster Linie ist der Leerstand das Problem und es geht um eine präventive Steuerungswirkung durch diese Satzung.

Was bedeutet das? Wenn es schlichtweg verboten ist, den Wohnraum länger als sechs Monate – ohne genehmigungspflichtige Ausnahmefälle – leer stehen zu lassen, dann macht man es auch nicht. Punkt. Und genau so würde ich den Großteil der rechtschaffenen Esslinger Hausbesitzer*innen einschätzen wollen. Leerstehende Wohnungen bedeuten verlorene Chancen für Menschen, die auf Wohnraum angewiesen sind und sich eben nicht ein eigenes Häusle leisten können.

„Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ Grundgesetz Artikel 14. „Eigentum verpflichtet.“ Dieser maximal kurze Satz fasst den Kern dessen zusammen, was wir heute beschließen wollen: die Verpflichtung, Wohnraum bestmöglich zu nutzen.

Eine Zweckentfremdungsverbotssatzung ist ein Instrument, um dieser Verpflichtung gerecht zu werden. Es ist kein Angriff auf das Eigentumsrecht, sondern ein Aufruf zur solidarischen Nutzung von Wohnraum. Allein mit sogenannten „Positivanreizen“ und unverbindlichen Empfehlungen kommen wir beim Schutz von Wohnraum nicht zum Ziel. Der Wohnungsmarkt hat uns allen doch mehr als eindrücklich gezeigt, dass jegliche Liberalisierungsträume à la „Der Markt regelt das schon“ nicht funktionieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
lassen Sie uns gemeinsam die Bedeutung der Verpflichtung des Eigentums betonen und ein starkes Zeichen setzen, dass wir uns für Wohnraum und gegen Leerstand und Zweckentfremdung einsetzen.

Die SPD-Fraktion ist fest davon überzeugt, dass eine Zweckentfremdungsverbotssatzung, wie sie uns heute zum Beschluss vorliegt, ein wichtiger Schritt ist, um unseren gemeinsamen Verpflichtungen gerecht zu werden und stimmen der Vorlage zu.
Vielen Dank.

Redebeitrag von SPD-Stadträtin Regina Rapp in der Gemeinderatssitzung vom 24. Juli 2023