Karstadt-Areal muss bleiben

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,

stellen Sie sich bitte auf einen emotionalen Redebeitrag ein!

Dass dabei sachliche Erwägungen und rechtliche Gegebenheiten zunächst außen vor bleiben, nehme ich billigend in Kauf.

Aber mir ist nun mal ganz und gar nicht danach zumute, ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Im Gegenteil: Zusammen mit der ganzen SPD-Gemeinderatsfraktion bin ich höchst verärgert, was die Entwicklung auf dem Karstadt-Areal anbelangt.

Zur Erinnerung: Nicht nur, aber auch wir Sozialdemokraten haben als eines der wesentlichen Ziele des entsprechenden Bebauungsplans die Schaffung von Verhältnissen formuliert, die dem Kaufhaus Galeria eine Zukunft am jetzigen Standort ermöglichen sollten.

Um dieses Ziel zu erreichen, hat die SPD einige städtebauliche Kröten geschluckt, sich mit ihrem Ja zu dem Vorhaben nicht nur Freunde gemacht und gleichwohl im Ausschuss für Technik und Umwelt sowie im Gemeinderat mit folgenden Worten grünes Licht gegeben: „Ob das Vorhaben das Kaufhaus dauerhaft zukunftssicher macht, weiß niemand. Aber eins ist klar: Ohne die vorgesehenen Maßnahmen hat Karstadt definitiv keine Zukunft. Das freilich wäre für die Stadt insgesamt fatal und kann niemand wollen.“

Und dann schlagen wir in diesen Tagen die Zeitung auf und erfahren:

Der Vorhabenträger BPI hat der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH fristlos gekündigt, obwohl diese in Esslingen weitermachen will.

Mit Verlaub und wie gesagt zunächst jenseits aller rechtlichen Erwägungen:

Das empfinden wir als einen Schlag ins Gesicht all derer, die mit hohem Zeitaufwand, großer Kompromissbereitschaft und unter Hintanstellung politischer Opportunität BPI eine wirtschaftlich darstellbare Entwicklung des Karstadt-Areals einschließlich Warenhaus ermöglichen wollten.

Ganz ungeschützt und wie angekündigt auch emotional gesagt:

Ich selber und mit mir die SPD-Gemeinderatsfraktion fühlen uns an der Nase herumgeführt und in eine Auseinandersetzung hineingenommen, bei der die Anliegen eines Gemeinderats überhaupt keine Rolle mehr zu spielen scheinen.

Das einfach so hinzunehmen sind wir nicht bereit.

Im Gegenteil: Wir sehen dem genehmigten Vorhaben die Geschäftsgrundlage entzogen und halten nur eine Heilung für möglich: Karstadt muss bleiben!

Zugegeben: Zu einem Konflikt gehören immer zwei, und die Sichtweise von BPI dürfte eine andere sein als die von Galeria Kaufhof.

Aber die Vermittlungsversuche und Kompromissvorschläge von zwei gestandenen Oberbürgermeistern einfach so in den Wind zu schlagen und auch Galeria Kaufhof Karstadt offensichtlich jedes Gespräch zu verweigern, lässt unser Verständnis für BPI derzeit gegen Null gehen.

Letztendlich werden also die Gerichte entscheiden müssen, wer hier recht hat oder auch nicht. Dann wird sich zeigen, wie belastbar die angeführten, uns so genannten Kündigungsgründe sind: Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Bestimmungen (in Klammern Brandschutz) und mangelndes Vertrauen gegenüber Karstadt. Karstadt dagegen versichert, allen vertraglichen Verpflichtungen nachgekommen zu sein.

Dürfen wir die Verwaltung trotzdem dazu auffordern, ungeachtet aller rechtlichen Möglichkeiten und Unmöglichkeiten weiter alles dafür zu tun, dass BPI dem Kaufhaus Galeria eine Zukunft an seinem jetzigen Standort einräumt?

Überhaupt: Hätte die Verwaltung Galeria im Durchführungsvertrag zum Bebauungsplan nicht vor einem solchen Schritt, wie ihn BPI mit der Kündigung jetzt getan hat, schützen müssen? Hätte sie es überhaupt können?

Und wäre es nicht angezeigt gewesen, wenigstens die Nutzung als Warenhaus festzuschreiben?

Sind auch wir als Gemeinderat eventuell zu blauäugig gewesen?

Sie, sehr geehrte Herren, haben in Ihrem von uns beantragten aktuellen Sachstandsbericht ja schon die eine oder andere Antwort zu geben versucht.

Das können wir gerne noch weiter diskutieren. Für den Augenblick aber ist nur eines wichtig: eine Rückkehr des Investors zu den ursprünglichen Zielen des Bebauungsplans zu befördern und umgekehrt ein Beharren von BPI auf seiner jetzigen Position als unfreundlichen Akt zu sanktionieren. Jedenfalls ist das nicht der richtige Zeitpunkt, um über eine Lösung post Karstadt zu reden. Denn wie gesagt: Karstadt muss bleiben.

Andreas Koch, Stadtrat

Ausschuss für Technik und Umwelt, 25. Mai 2022, TOP 1: “Karstadt-Areal Aktuell